Portfoliotext | Gruppenausstellung "RURAL // CITY" | Uhlig Gallery, Leipzig | April 2022
Aufgeschnittene Tennisbälle täuschen frech, illusorisch drapierte Insekten hinterlassen einen surrealistischen Beigeschmack.
Die Künstlerin braucht nur einen Raum, um uns in eine schillernd alte Welt zu entführen. Julia Hochbaum zeigt uns im Detail, was wir sonst viel zu großzügig überblicken. Sie bedient sich dem elegant traditionellen Genre des Stilllebens, um ganz genau hinsehen zu können. Dabei steht mal klassisch inszeniertes Obst wie Granatäpfel oder Zitronen, mal erfrischend unkonventionell ein Donut im Zentrum ihres Fokus.
Ihre Kunst tut nicht so, als wäre sie historisch, noch macht sie auf gewollt zeitgenössisch: Hochbaum malt, was ihr im Alltag ins Auge sticht und kreiert für ihre Gedankenschnipsel eine stille Bühne mit edlen Farben, präzisen Texturen und dramatischem Kammerlichtspiel. Es ist der kokett inszenierte Gegensatz aus altertümlichem Malstil und zeitgemäßen Motiven, der hier gewohnte Sehverhalten bricht und herausfordert, neu zu entdecken. Aufgeschnittene Tennisbälle täuschen frech, illusorisch drapierte Insekten hinterlassen einen surrealistischen Beigeschmack.
Manchmal wirkt die Atmosphäre zwischen Schlangenhäuten und Totenkopf wie ein alchemistisch mystisches Kuriositätenkabinett. Julia Hochbaum studiert die magisch ungewöhnlichen Momente des Alltags und präsentiert sie uns auf einem realistischen Silbertablett. Ab und zu macht die Künstlerin in ihren Werken das Fenster auf und es weht ein Hauch Leben hinein: Ein Vogel, mal Spinnen oder eine Zikade desillusionieren mit ihrer dezenten Vitalität die Stubenkulisse. In cleverer Gegenüberstellung spiegeln sich in Hochbaums Innenraum-Panoramen menschliches Tun und die Natur selbst wider: Tier und Mensch, Natürlichkeit und Inszenierung, Singdrossel und Silberschale, Vogelspinne und Wollknäuel. Die Künstlerin verbildlicht uns, dass selbst im Stillleben immer ein kleines bisschen Lebendigkeit durch die Türritze hereinkommt – und das ist auch gut so.
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