Ausstellungstext | Galerie Fabra Ars, Magdeburg | März 2023
Er sucht sie nicht, sie finden ihn. Und wir kennen die Lebensräume, die er für uns szenisch aufbereitet, erzählen sie doch von unserer täglichen Zerreißprobe zwischen Plattenbau und Wald, von der Distel im Beton.
Thomas Geyer kreiert Orte, die ihn als Motive erfasst haben: im Urlaub am Strand, bei Tagesausflügen ins Umland, auf Fernreisen durch die Welt – spaziert er durch die urbane Landschaft und die städtische Natur, erwarten ihn seine Sujets bereits. Er sucht sie nicht, sie finden ihn. Und wir kennen die Lebensräume, die er für uns szenisch aufbereitet, erzählen sie doch von unserer täglichen Zerreißprobe zwischen Plattenbau und Wald, von der Distel im Beton. Doch bei Geyer wird die Zerrissenheit zur Symbiose, in der man eingeladen ist, sich unentschieden niederzulassen.
Wegwischen, Darübergießen, wieder Einreiben: Der Künstler baut seine Bildobjekte wie Plastikstuhl, Tisch oder Betonweg nicht in die Szenerien, er erschafft sie in ihnen neu. Die leichten Farbschichten betonen die Finesse des Auftrags seiner matt leuchtenden Nuancen zwischen Tag und Nacht. So zieht mal ein schillernder Lichtfleck im Dickicht, mal ein erhellter Asphalt erzählerisch in seine Kulissen hinein.
Es sind keine romantisierten Idealvorstellungen, die Geyer entwirft: Die Umwelt ist nicht unberührt, das menschliche Leben nicht gänzlich abhandengekommen. Dennoch ist es hier mal nicht der Mensch, der im Fokus steht. In seinen Idyllen treten Wiese, Busch, Blätterdach vor urbane Formen und verweigern sich dem Hintergrund: Balkon, Gartenstühle, Dachkonstruktionen werden von dem Grün und Schatten der Wildnis sowohl umspielt als auch verdeckt. Der Mensch wird zur Spur, die zwar fester Bestandteil der Lebensräume ist, sich aber nicht aufdrängen darf. Hier herrscht die Natur, hier verschluckt sie ihn.
In Thomas Geyers Kunst geht es nicht darum, einer großen Geschichte zu lauschen, vielmehr sollen wir von einem Gefühl, einer Atmosphäre ergriffen werden. Seine Symbiosen erzählen vom menschlichen Dasein und offenbaren zugleich die Freiheit, die Szenerien alleine, im Ich, zu erleben. Und in diesen bekannten, verlassenen Orten fühlen wir uns umso wohler – denn selbst der eigenen Spezies wird die Menschheit manchmal zu viel.
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