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  • Sonja Gatterwe

Die vergessenen Monarchen | Undine Bandelin

Ausstellungstext | Galerie Fabra Ars, Magdeburg | Februar 2022


Wäre Grunge ein Malereistil, würde er so aussehen wie Undine Bandelins Kunst: rotzig-lebendig, unordentlich-dynamisch und direkt ins Gesicht.


Nackte Menschen
© Undine Bandelin, Die Promenade, Öl und Acryl auf Leinwand, 2020

Vergessen setzt voraus, dass da jemand ist, der sich erinnert. Undine Bandelin führt uns in die Vergangenheit und bleibt dabei voll und ganz in der Gegenwart. Sie zeigt Parallelen auf, die uns entfallen sind: Selbstinszenierung wurde nicht im 21. Jahrhundert erfunden.


Bandelin kramt in der Geschichte unseres Narzissmus und packt sie wie Schablonen über aktuelle Szenerien. Sie ver-rückt die Über-Ästhetisierung, die wir von Instagram und Co kennen. Wäre Grunge ein Malereistil, würde er so aussehen wie Undine Bandelins Kunst: rotzig-lebendig, unordentlich-dynamisch und direkt ins Gesicht.


Nackte Menschen
© Undine Bandelin, Die Ehemaligen, Öl und Acryl auf Leinwand, 2020

In ihren Werken werden wir von Figuren eingekreist, die in ihrer Ästhetik wunderbar grässlich sind. Sie karikiert die Fehler, die wir an uns selbst verstecken wollen, zu unkonventionellen Gestalten. Ihre gaffenden Blicke sind so aufdringlich, dass man sie auch ohne hinzusehen auf der Haut brennen spürt. Sträubend entdeckt man sich wieder, und genau so soll es sein.


Bandelin kreiert Figuren als charaktervolle Masken: Sie sind ungenau und zugleich präzise genug gehalten, um auf jedes unserer Gesichter zu passen. Sie haben skurrile, nackte Körper. In ihrer Nacktheit sind sie selbstverständlich und grandios. Wir befinden uns irgendwo zwischen „Des Kaisers neue Kleider“ und einem überzeugten FKK-Anhänger.

Wie eine zweite Haut umranden kräftig-energetische Farben, die sonst eher fahlen Gestalten. Doch Letztere sind die eigentlichen Motoren der Atmosphäre und die Farben nur ihre dynamischen Produkte. Es ist ihre Aura, die die pulsierenden Situationen erschafft.


Zwischen Stammtischkneipe, Badesee-Atmosphäre und einem Feldherrn sind wir überall und nirgendwo. Der existenzielle Zustand in Bandelins Werken geht mit seiner realen Ernsthaftigkeit tief unter die Haut.


Digitaler ‚Schnappschuss‘ und Herrscherporträt haben eine Gemeinsamkeit: Die Selbstinszenierung. Bandelin führt uns den Spiegel vor und wir sehen unser impostantestes Ich: Man muss kein reicher Adeliger mehr sein, um sich ein Porträt leisten zu können. Eitelkeit betrifft uns alle, wir müssen nur den Mut haben, zurückzugaffen.



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